Hej, hej!
Schlafsackverwickelt und warmgeduscht sitz' ich wieder hier und überlege was ich kochen könnte. Reis, Nudeln oder Kartoffeln als Grundlage? Fleisch ist keins mehr da. Zucchini muss weg, Zwiebel und Karotte. Ebenso passierte Tomaten und Sahne. Klingt am ehesten nach Nudelgericht, mal wieder. Aber noch hat's wohl Zeit - zuerst ein bisschen von Jokkmokk!
Wider Erwarten war das Aufstehen um 02:30 gar nicht schlimm, vielmehr aufregend und interessant - ob's dunkel ist oder nicht macht hier ja keinen allzu großen Unterschied. Hab also versucht alle geplanten Kleidungsschichten anzuziehen, dabei aber schließlich auf die Strumpfhose verzichtet und somit nur Jeans, zwei paar Socken, Skihose, Winterschuhe, zwei Tops, einen Pulli, eine Fleecejacke, zwei Schals, Armstulpen, Handschuhe, Mütze und Mantel getragen. Sommeroutfit sozusagen. Nach Nebensächlichem wie Essen einpacken und Zähne putzen haben wir also gegen 3:20 das Haus verlassen. Bäääm! So könnte man wohl sagen um begreiflich zu machen wie erstaunlich kalt es hier in Umeå schon war - hustenreizauslösende eisige Luft. Also 20 Minuten zur Uni stapfen (man ist wirklich langsam in mehr als drei Kleidungsschichten) und ein Ankommensfoto von Judith mit Eiswimpern machen. Ja, meine Kamera funktionierte da noch.
Dann hopp hopp in den Bus, nur Frühaufsteher bekommen 'nen tollen Platz (haha!). Ungefähr viereinhalb Stunden später gab's im mittlerweil von Tageslicht erhellten Bus die Durchsage mit Aufforderung sich anzuziehen denn in wenigen Minuten erreichen wir den Polarkreis! Staunen, Freuen, Rascheln und Rumgestöhne beim Versuch wieder in die Skihosen zu gelangen ohne seinen Platz zu verlassen. Akrobatische Momente. Am Polarkreis angekommen wieder mal nah am Lungenkollaps, -34°C. Als auch ich dann gern ein touristisches Foto von der Tafel machen wollte, welches bezeugt, dass ich auch wirklich da war, enstanden leider nur noch komplett weiße Fotos. Seitdem ist meine Kamera krank - vermutlich chronische Schneeblindheit. Bei Ankunft in Jokkmokk 30 Minuten später gab es jedenfalls erstmal ein gutes Frühstück mit Brot, Belägen dafür, Haferbrei (?), Milch, Saft, Tee, Kaffee...und nach erneutem Dressing-Up dann raus in den nordschwedischen Winter "at it's best", wie unser Reiseführer zu sagen pflegte. Der Markt selbst schien dann leider unspektakulärer als erwartet und angepriesen, selbst vor Jokkmokk machen billiger-billiger-Stände nicht halt, denn auch bei -40° verkaufen sich pseudo Markensachen ganz gut. Natürlich war das nicht alles, es gab auch genügend Rentierfelle, Rentierwurst, Elchwurst, Fellmützen und -kleidung oder diese wunderbaren Lederarmbändchen mit Drahtflechtereien drauf von denen ich nun auch eines besitze. Fast genauso faszinierend war die Backstube etwas abseits des Marktes wo auf wenig Platz ziemlich tolles und frisches Polarbröd gebacken wurde. Auch davon hab ich eins gekauft und es ist seinen Preis von 2,50 mehr als wert - sogar nachdem es kurzzeitig gefroren, da im Rucksack war. Andere "Sehenswürdigkeiten" oder Programmpunkte waren die Rentierparade (leider verpasst, da zu große Angst vor Erfrierungen an den Füßen) und das Rentierennen (zwei Runden zugeschaut, eher schräg und waghalsig wie sich die Leute dort von ihren Tieren auf Schlitten rumziehen lassen, zumal das Stoppen nur mit drei sich an ein hinterherschleifendes Seil hängenden Leuten möglich ist). Sonst so? Rentiere sind schön! Und größer als erwartet. Elche dagegen zwar spannend wenn sie vor dem Bus rumspringen, aber für mich persönlich nicht unter den natürlichen Schönheiten. Bus fahren in Nordschweden ist aufregend - es geht kilometerweit immer nur geradeaus, die Straßen sind kaum bis gar nicht frei von Schnee und Eis und selbst die auf Höchststufe gestellte Busheizung kann nicht verhindern, dass das Kissen an der Scheibe festfriert. Insgesamt war's ein beeindruckender Tag - wenn auch der Markt ein klein bisschen Enttäuschung hervorgerufen hat, so war die Kälte definitiv eine nicht zu vermissende Erfahrung - ob allerdings sobald zu wiederholend überlege ich mir nochmal...
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